Augsburg deckt nur 69 Prozent des Wohnungsbedarfs

Die Freien Demokraten wollen den Wohnungsmangel in Augsburg mit einer kommunalen Nachverdichtungsoffensive abmildern. Durch die Überarbeitung älterer Bebauungspläne und einen Nachverdichtungsplan sollen Haus- und Grundstückseigentümer in die Lage versetzt werden, zusätzlichen Wohnraum im Bestand zu schaffen und Baulücken zu schließen. Die Liberalen wollen somit kurzfristig Druck vom Wohnungsmarkt nehmen, bis in einem Jahrzehnt Neubauviertel wie in Haunstetten und der Hammerschiede zur Verfügung stehen.

„Man kann gar nicht oft genug darauf hinweisen, dass Augsburg in den letzten 15 Jahren um 40.000 Einwohner gewachsen ist und bis 2035 noch einmal um 40.000 Menschen wachsen soll. Damit diese Menschen irgendwo wohnen können, müssen wir bauen, bauen, bauen“, erklärt Lars Vollmar, der Oberbürgermeister-Kandidat der Freien Demokraten.

Doch leider geschehe das in Augsburg, trotz zahlreicher Neubauviertel wie in der ehemaligen Reese- und Sheridan-Kaserne, nicht in ausreichendem Maße. Vollmar verweist auf eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft aus dem Frühjahr 2019. Demnach werden in Augsburg Jahr für Jahr 1.791 Wohnungen benötigt, aber nur 1.237 fertig gestellt Der jährliche Bedarf wird also nur zu 69 Prozent gedeckt.

„Auf die Bevölkerung umgerechnet heißt das, dass von den 3.500 Menschen, die im Durchschnitt jedes Jahr hierherziehen, nur 2.700 eine Wohnung finden. Ein Jahr später kommen zu den nächsten 3.500 Neubürgern, die eine Wohnung suchen, also noch einmal die 800 dazu, die im Vorjahr leer ausgegangen sind. Es suchen dann also schon 4.300 Menschen eine Wohnung. Der Wohnungsmangel vergrößert sich von Jahr zu Jahr und die Wohnungen werden teurer und teurer. Augsburg ist inzwischen nicht nur für Geringverdiener, sondern auch für Menschen mit mittlerem Einkommen kaum noch bezahlbar.“

Um kurzfristig Abhilfe zu schaffen, setzen die Liberalen auf Nachverdichtung. Eine ebenfalls in diesem Jahr erschienene Studie der Technischen Universität Darmstadt und des Pestel-Institut für Systemforschung hat ergeben, dass in ganz Deutschland innerhalb weniger Jahre 1,1 bis 1,5 Millionen Wohnungen entstehen könnten, wenn die Wohnfläche in bestehenden Immobilien durch Aufstockungen und Anbauten vergrößert und Baulücken durch Neubauten geschlossen werden. Für Augsburg rechnen die Freien Demokraten mit einem Potenzial von 1.200 bis 1.700 Wohnungen, die so entstehen könnten.

„Der größte Vorteil der Nachverdichtung gegenüber Neubaugebieten ist, dass relativ schnell zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden kann und dass keine Naturflächen verbraucht werden müssen. Bestandsimmobilien sind ja schon durch Straßen erschlossen und verfügen über Anschlüsse für Wasser-, Gas- und Strom.“

Dabei ist für die Liberalen aber klar, dass ihre Nachverdichtungsoffensive die Ausweisung von Neubaugebieten wie Haunstetten Südwest und Hammerschmiede Süd nicht ersetzen kann. „Augsburg wächst so stark, dass wir auf die 4.000 Wohneinheiten, die allein in Haunstetten Südwest geplant sind, nicht verzichten können. Wir brauchen sogar noch mehr neue Stadtviertel, zum Beispiel auf dem ehemaligen Eisenbahn-Gelände südlich vom Bahnpark in Hochfeld.“

Aber die Entwicklung von Neubauvierteln dauere mindestens ein Jahrzehnt. Wegen des komplizierten deutschen Planungsrechts und weil an beiden Standorten noch Verhandlungen mit Grundstückseigentümern geführt werden müssen, wird der erste Spatenstich noch bis Mitte der 2030er Jahre auf sich warten lassen. „Bis dahin haben wir schon wieder mehrere Zehntausend Einwohner mehr.“

Durch die Nachverdichtungsoffensive könnte schon in 3 Jahren neue Wohnrungen entstehen. Für die Umsetzung setzt Vollmar – hier ganz Liberaler – auf den Markt, für den der Staat die richtigen Rahmenbedingungen setzen muss. „Die Hauseigentümer haben ein starkes Interesse, in ihren Häusern mehr Wohnraum zu schaffen, den sie vermieten können. Nur: sie dürfen es häufig schlichtweg nicht.“

Blockiert wird der Ausbau durch veraltete Bebauungspläne, die das sogenannte Maß der baulichen Nutzung – also die Frage wie hoch gebaut werden darf und wie eng die Gebäude beieinander stehen dürfen – sehr restriktiv festschreiben. Die FDP will solche Bebauungspläne systematisch überarbeiten und die Geschoss- und Grundflächenzahl auf die Höchstgrenze anheben, die laut Bayerischer Baunutzungsverordnung zulässig ist.

„Zum Beispiel schreibt der Bebauungsplan für das Kammgarnquartier eine Geschossflächenzahl von 0,7 vor. Das heißt, auf einem 200 Quadratmeter großen Grundstück dürfen alle Etagen des Hauses zusammengerechnet nur 140 Quadratmeter Wohnfläche haben. Wenn wir hier auf den zulässigen Wert von 1,2 gehen, könnte der Hauseigentümer 100 Quadratmeter neuen Wohnraum schaffen.“

Hindernisse gibt es auch dort, wo kein Bebauungsplan existiert – und das gilt für den größten Teil des Stadtgebiets. Für jede Baumaßnahme muss in einem Antrag, der vom Baureferat geprüft wird, dargelegt  werden, ob sich ein neu oder umgebautes Gebäude in das jeweilige Viertel einfügt. Die Freien Demokraten wollen daher einen Nachverdichtungsplan aufstellen, der für alle in Frage kommende Stadtteile die jeweils übliche Art und die Maße der baulichen Nutzung festlegt. „Hauseigentümer hätten dann Rechtssicherheit und könnten ohne langwierige bürokratische Antragsprozesse abschätzen, ob sich eine Aufstockung oder ein Anbau lohnt.“

Ein weiterer Bestandteil der Nachverdichtungsoffensive ist die Umwidmung innenstadtnaher Gewerbegebiete in sogenannte urbane Gebiete. Hierdurch wird es möglich, Flächen, die derzeit für Einzelhandelsbetriebe reserviert sind, mit einer gemischten Wohn- und Gewerbebebauung nachzuverdichten. „Die Stadt muss hier aktiv zwischen den derzeitigen Eigentümern der Gewerbeflächen und potentiellen Bauherren vermitteln. Wir können es uns nicht mehr leisten, Flächen im Zentrum mit einstöckigen Flachbauten und Parkplätze zu verschwenden. Ich gehe davon aus, dass ein Supermarkt nichts dagegen hat, wenn über ihm Wohnungen mit potenziellen Kunden enstehen.“


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