Stadtrats-Fraktion legt Klimapaket vor

FDP-Stadtrat Lars Vollmar hat über die Fraktion Bürgerliche Mitte ein
Klimapaket vorgelegt, das in das städtische Klimaprogramm
einfließen soll. Die Beschlussvorlage von Umweltreferent Reiner Erben
(Grüne), die im Wesentlichen auf der frisch veröffentlichten Klimastudie
beruht, will die aus Freien Wählern, FDP und Pro Augsburg gebildete
Fraktion in der Stadtratssitzung am kommenden Donnerstag entsprechend
ergänzen.

FDP-Stadtrat Lars Vollmar

„Uns ist aufgefallen, dass in der Klimastudie einige Maßnahmen fehlen,
die in anderen Städten schon erfolgreich umgesetzt werden“, erklärt Lars
Vollmar, der die Bürgerliche Mitte im Umweltausschuss vertritt. Dazu
gehöre die Nutzung der Abwärme aus Rechenzentren und Abwässern.

„Wenn wir duschen oder die Hände waschen, fließt 40 Grad warmes Wasser
in den Abguss und verpufft dort ungenutzt.“ Die Wärme lasse sich über
Wärmetauscher in der Kanalisation zurückholen und könne zum Heizen
wiederverwendet werden. In Berlin werde in einem Modellprojekt die
Hälfte der Heiz-Enenergie eines 50.000 Quadratmeter großen Bürogebäudes
am Ostbahnhof eingespart.

Auch bei Rechenzentren bestehe großes Potenzial, die bei der Kühlung
abgeführte Wärme weiter zu nutzen. „Die Uni Augsburg baut gerade ein
neues Rechenzentrum. Die Abwärme könnte zum Heizen der Gebäude verwendet
werden, die im benachbarten Technologiepark entstehen. Über den
Bebauungsplan hätten wir als Kommune die Möglichkeit, die Nutzung
verpflichtend vorzuschreiben.“

„Über den Augsburger Tellerrand hinausschauen“

Kritisch bewertet Vollmar, dass die Klimastudie für Augsburg
Klimaneutralität nach dem Territorialprinzip anstrebt. „Das ist eine
Mogelpackung, denn es werden nur Treibhausgase in die Bilanz
aufgenommen, die in der Stadt anfallen oder eingespart werden. Wenn man
so vorgeht, macht es keinen Sinn, dass die Stadtwerke Windräder im
Fichtelgebirge errichten, obwohl die Stadt dort große Waldgebiete
besitzt. Der Windstrom wird dann den Gemeinden dort oben gutgeschrieben.
Dabei sollte s klar sein, dass Augsburg ein Interesse daran hat, auch
außerhalb des Stadtgebiets sauberen Strom zu produzieren.“

Das gelte genau so beim Bauen und Sanieren. Der Augsburger
Energiestandard, den der Stadtrat im Mai beschlossen hat, sei einseitig
auf den Verbrauch ausgerichtet, der anfällt, nachdem ein Gebäude bezogen
wurde. Dass es aber schon vorher zu einem enormen Energie- und
Ressourcenverbrauch für die Bau- oder Dämm-Materialien kommt – die
sogenannte ‚graue Energie‘, klammere der Standard völlig aus. „Wenn man
nicht über den Augsburger Tellerrand hinausschaut, macht der Abriss von
Bestandsgebäuden und der Neubau eines Niedrigenergie-Gebäudes immer
Sinn. Denn die graue Energie taucht ja nicht in unserer Klimabilanz auf,
sondern dort, wo die Materialien hergestellt oder beim Abriss entsorgt
werden.“ Wenn man den Aufwand und die Einsparungen aber ehrlich
nebeneinander lege, könne der Weiterbetrieb eines Bestandsgebäudes mit
niedrigerem Effizienzstand die klimapolitisch bessere Wahl sein. Deshalb
fordert die Bürgerliche Mitte, den Augsburger Energiestandard um die
‚graue Energie‘ zu erweitern.

Mehr Realismus fordert die Fraktion auch in der Verkehrspolitik. „Es
besteht die Gefahr, dass sich die schwarz-grüne Rathauskoalition vor
allem solche Maßnahmen aus der Klimastudie herauspickt, die Autofahren
unattraktiv machen sollen. Das allein löst aber nicht das Problem, dass
es im vielen Teilen der Stadt und im Umland oft keine wirkliche
Alternative zum Auto gibt.“

Deswegen setzt der Liberale auf die Möglichkeiten der Digitalisierung.
Er verweist auf die Stadt Wien, die großflächig auf ein System der
dynamischen Verkehrslenkung setze. „Autofahrer erhalten über Apps oder
Bordcomputer bescheid, bei welcher Geschwindigkeit sie an der nächsten
Ampel grün haben. Es ist vor allem das Anfahren aus dem Stand und das
Beschleunigen, bei dem der meiste Treibstoff verbrannt wird. Wien hat es
mit Hilfe der Digitalisierung geschafft, den Abgas-Ausstoß in der Stadt
im zweistelligen Prozentbereich zu verringern. Das müssen wir auch
schaffen. Denn die Fahrzeuge mit fossilen Antrieben werden noch viele
Jahre im Einsatz sein, ob uns das gefällt oder nicht.“

Um es für Autofahrer attraktiver zu machen, auf öffentliche
Verkehrsmittel umzusteigen, will die Bürgerliche Mitte
Straßenbahnfahrten von den Park&Ride-Parkplätzen ins Zentrum billiger
machen. Ein Parkschein, der einen symbolischen Euro kostet, soll für bis
zu 5 Insassen als Fahrschein gelten. Im Gegenzug soll die kostenlose
City-Zone abgeschafft werden.

Im Kapitel ‚Strom‘ ihres Klimapakets erneuert die Bürgerliche Mitte
ihren Vorschlag, Parkplatzflächen mit Solarpanelen überbauen zu lassen.
Ihr Antrag wurde im März von der Stadtverwaltung aus eher bürokratischen
Gründen verworfen, nun aber auch vom Klimabeirat wieder aufgegriffen.
Parkplätze machen 10 Prozent des Photovoltaik-Potenzials im Stadtgebiet
aus.

Ergänzung-zum-Klimaprogramm 22.11.21

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