Radlnacht ist teurer Spaß mit wenig Nutzen

Die Freien Demokraten werden in diesem Jahr nicht an der Augsburger Radlnacht teilnehmen. Den Verzicht, der ihnen nicht leicht falle, begründen die Liberalen damit, dass die Massenrundfahrt kaum Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten der Augsburger habe und dennoch den städtischen Haushalt stark belaste.

Eine Nacht unbeschwert von Autos auf den Straßen radeln. Und an den 364 anderen Tagen? Foto: Tony Webster (CC BY-SA 2.0)

„Die Radlwoche hat wieder einmal gezeigt, über was für eine begeisterte Radfahrerszene Augsburg verfügt. Da haben wir ein Riesenpotential“, schwärmt Lars Vollmar, der für die Freien Demokraten im nächsten Jahr als OB-Kandidat bei den Kommunalwahlen antritt. Die Radlnacht ist für Vollmar einer der Höhepunkte der Radlwoche. „Es macht einfach Spaß, einen Abend lang mit dem Fahrrad auf autofreien Straßen quer durch die Stadt fahren zu können.“

Dennoch fordern Vollmar und seine Freien Demokraten, dass sich die Stadt Augsburg aus der Finanzierung der Massenrundfahrt zurückzieht. „Wenn Augsburg im Geld schwimmen würde, hätten wir gar nichts dagegen, dass es die Radlnacht weiter gibt. Aber der städtische Haushalt ist chronisch im Minus und rutscht nur deswegen ins Plus, weil wir 160 Millionen Euro Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich erhalten. Da müssen wir als solide Haushälter genau hingucken, was wir uns leisten können und was nicht.“

Bei der Radlnacht haben sich die Freien Demokraten schweren Herzens zu einer negativen Antwort durchgerungen. „Wenn man ehrlich ist, muss man feststellen, dass der Funke leider nicht von den Fahrrad-Enthusiasten auf die breite Bevölkerung überspringt. Durch die Radlnacht kommt so gut wie niemand auf den Geschmack, auch im Alltag öfter mit dem Rad zu fahren.“

Zum Beleg verweist Vollmar darauf, dass sich der Anteil des Radverkehrs am gesamten Augsburger Verkehrsaufkommen in den letzten 7 Jahren kaum verändert hat. „Der Stadtrat hat sich 2012, als das Projek Fahrradstadt beschlossen wurde, zum Ziel gesetzt, dass bis 2020 jeder vierte Verkehrsteilnehmer mit dem Rad unterwegs ist. Der Radanteil am modalen Split beträgt heute aber nach wie vor nur 17 Prozent. Hier hat sich trotz Radlnächten in den vergangenen 7 Jahren fast nichts getan.“

Mit Blick auf die fehlende Nachhaltigkeit der Radlnacht äußert die FDP-Kreisvorsitzende Katrin Michelis Unverständnis über SPD und Grüne, die bei anderen Vorhaben immer genau die fehlende Nachhaltigkeit kritisieren. Im Kulturausschuss hatten beide Parteien dafür plädiert, den städtischen Zuschuss für das Sommer-am-Kiez-Festival zu kürzen, weil die Konzerte nicht von Workshops begleitet würden. „Die Sommer am Kiez tragen über mehrere Wochen dazu bei, den Helmut-Haller-Platz am Bahnhof Oberhausen zu beleben und von seinem Schmuddelimage zu befreien. Hier wollen SPD und Grüne sparen. Für eine einzige Radlnacht sollen aber weiterhin Jahr für Jahr 100.000 Euro fließen.“

Der Grund, warum die Radlnacht keinen nachhaltigen Effekt habe, liegt für OB-Kandidat Vollmar auf der Hand: „Offensichtlich reicht eine einzige Nacht nicht aus, um Menschen zum Radfahren zu bewegen. Wie auch, wenn man an den restlichen 364 Tagen im Jahr an vielen Stellen zusehen muss, wo man als Radfahrer bleibt.“ Vollmar spricht aus eigener Erfahrung. Seine Kinder gehen in der Jakobervorstadt zur Schule und in den Kindergarten. „Wenn am Mittleren Graben der Radweg aufhört und wir uns an der engsten Stelle zwischen Jakober- und Pilgerhausstraße plötzlich zwischen Autos wiederfinden, habe ich ehrlich gesagt Angst um meine Kinder.“

Um das Radfahren in Augsburg wirklich zu fördern, wollen die Freien Demokraten verstärkt Gefahrenschwerpunkte entschärfen und mehr komfortable und sichere Radwege bauen. „Die Pläne dafür liegen in der Schublade.“ Vollmar spielt auf das Realisierungskonzept an, das im Rahmen der Fahrradstadt-Arbeitskreise zwischen 2012 und 2016 ausgearbeitet worden ist. Das Konzept sieht unter anderem 5 Fahrradschnellwege aus Oberhausen, Hochzoll, Haunstetten, Göggingen und Pfersee ins Zentrum vor.

„Wir haben als FDP ein Konzept vorgelegt, wie wir den den motorisierten Durchgangsverkehr aus der Augsburger Altstadt herausbekommen können. Wenn im Zentrum weniger Autos unterwegs sind, entsteht dort Platz für mehr Radwege. Zusammen mit den Schnelltrassen vom Stadtrand ins Zentrum entsteht so eine Infrastruktur, die so attraktiv ist, dass das Fahrrad zu einer echten Alternative zu Auto wird. Da wollen wir als FDP hin. Dann ist in Augsburg jeden Abend Radlnacht.“


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