22.06.16 Zeughausplatz 4 86150 Augsburg

Liberaler Stammtisch der FDP Augsburg: EU und Türkei

!!! Bitte beachten Sie das geänderte Datum (22. statt 23. Juni 2016) !!!

 

Thema: Die Europäische Union und die Türkei
Gast: Moritz Pöllath, stellv. Vorsitzender des LFA Außen, Sicherheit, Europa und Entwicklungspolitik
Ort: Zeughausstuben, Zeughausplatz 4 86150 Augsburg

 

Die Türkei steuert auf ein Präsidialsystem zu. Nur 50 Stimmen fehlen der Regierungspartei AKP des Präsidenten Recip Tayyip Erdoğan im Parlament zur verfassungsändernden Zweidrittel-Mehrheit. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum Erdoğan erfolgreich versucht hat, die Immunität der 59 Abgeordneten der kurdischen Partei HDP mit dem Vorwurf aufzuheben, sie sei der politische Arm der verbotenen Terrororganisation PKK. Könnten die Abgeordneten wegen ihrer angeblichen „Unterstützung des Terrorismus“ angeklagt werden, müssten in ihren Wahlkreisen Nachwahlen angesetzt werden, die die AKP mit hoher Wahrscheinlichkeit gewinnen würde.

Der Terrorismus-Vorwurf wird von einer politisierten Staatsanwalt auch verwendet, um missliebigen Journalisten den Prozess zu machen oder gleich ganze Medienhäuser, die dem Prediger Fethullah Gülen nahestehen, unter staatliche Kontrolle zu stellen.

Die zunehmend autoritäre Herrschaft Erdoğans ist zu einer Belastung des Verhältnisses der Türkei zur Europäischen Union geworden und droht, die noch vom inzwischen geschassten Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu begonnen Verhandlungen über visafreie Einreisen türkischer Staatsbürger in die EU zum Scheitern zu bringen. In Reden stellt  Erdoğan inzwischen sogar die EU-Beitrittsverhandlungen in Frage.

Dabei war es Erdoğan, der als Ministerpräsident ab 2002 tiefgreifende Reformen durchgeführt hat, um sein Land mit der Übernahme von politischen, ökonomischen und rechtlichen EU-Standards einer Mitgliedschaft näherzubringen. Die Früchte dieser Politik – ein nie dagewesener Wirtschaftsaufschwung und die Befriedung des Konflikts mit der kurdischen Minderheit – droht Erdoğan leichtfertig zu verspielen.

Welche Auswirkungen hat der Kurs der Türkei auf die Europäische Union? Als die Türkei 1999 offiziell als Beitrittskandidat anerkannt wurde, verband man in den europäischen Hauptstädten mit den Beitrittsverhandlungen die geostrategische Hoffnung, eine wirtschaftlich und gesellschaftlich ohnehin schon vergleichsweise modernen Türkei werde sich zu einem Vorzeigeland mit Ausstrahlungskraft in die restliche islamische Welt entwickeln. Ist das Kalkül, Brüssel könne sich den politischen Einfluss Ankaras als Regionalmacht zur Stabilisierung des Nahen und Mittleren Ostens zunutze machen, angesichts der neo-osmanischen Außenpolitik Erdoğans noch realistisch?

Fragen wie diese beantwortet uns der stellvertretende Vorsitzender des Landesfachausschusses Außen, Sicherheit, Europa und Entwicklungspolitik der FDP Bayern, Moritz Pöllath.